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OsZ 10/10: Lehrkräfte auf der schiefen Bahn

Wie der jüngste Fall eines Kunsthistorikers der Universität Hamburg zeigt, ist der Grat zwischen Legalität und Illegalität im Unterricht oftmals schmaler als man denkt. Was bisher geschah: Im Zuge unendlicher Urheberrechtsklagen reiht sich die Geschichte um Fotografien, die während der Aktion „Fettecke“ von Joseph Beuys (1964) entstanden sind. Die Fotografien des bereits verstorbenen Fotografen Manfred Tischer sollten ausgestellt werden. Es kommt zu einer Klage, da laut Urheberrecht die Witwe Beuys im Vorfeld um Erlaubnis hätte gebeten werden müssen. Ein Präzedenzfall, der die Frage „Wem gehört das Happening?“ aufwirft.

Lehrkräfte auf der schiefen Bahn

Lehrkräfte auf der schiefen Bahn

Aber nicht nur das – Wie können denn zukünftig die Werke der Fotografen, die im Sinne kunsthistorischer Dokumentation unterwegs sind, geschützt werden? Anscheinend handelt es sich im Fall der Beuyschen „Fettecke“ auch noch um das einzige Bildzeugnis der Aktion. Sicher ist, dass Aktionskunst oder Happening seit einem BGH Urteil von 1985 als Werke gelten. Aber das mit der Fotografie? Es wird interessant sein, das Ende der Debatte zu verfolgen.

Das alles aber nur am Rande. Der Kunsthistoriker Wolfgang Kemp nutzt den Vorfall, um sein persönliches Dilemma zum Ausdruck zu bringen. Um einen anschaulichen kunsthistorischen Unterricht zu gewährleisten, möchte er passendes Bildmaterial einbinden. Dagegen spricht eigentlich nichts. Für den Fall einer Intranetverbreitung bezahlt bereits das Bundesland eine pauschale Vergütung und laut VG BILD-KUNST wird für eine Bildprojektion keine Gebühr erhoben. Sagt doch das Urheberrecht im Artikel 52a, dass die „Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung“ erlaubt sei. Dennoch scheint Herr Kemp in der Realität an Grenzen zu stoßen. Zumindest hält er es für möglich, dass er „mehrmals in der Woche gegen das Gesetz verstoße“. Weiterhin führe es dazu, dass bereits einige seiner Kollegen sich resigniert mit „freien“ Billigreproduktionen zufrieden geben oder sich gänzlich älteren Epochen der Kunst zuwenden.

Der Fall ist verworren – und eine wirkliche Klärung scheint es auch noch nicht zu geben. Die neue juristische Spielwiese, die mit dem Aufkommen digitaler Vervielfältigung für eine unendliche Flut unverständlicher Verfahren geöffnet ist, gibt wenig Orientierung im Alltag. Die Möglichkeit der digitalen Visualisierung und Verfügbarkeit von urheberrechtlich geschützten Werken trägt dazu bei, dass die rechtliche Sachlage zunehmend differenzierter und damit komplizierter wird.

Immer deutlicher werden die Stimmen derjenigen, die eine dringende Renovierung des Urheberrechts im Sinne der Nutzerinnen und Nutzer fordern. Im Zeitalter von Facebook trägt jeder, der sich im Netz tummelt urheberrechtliche Verantwortung und muss gerade stehen, für das, was er der Öffentlichkeit offeriert. Davon ist auch Schule nicht ausgeschlossen. Umso dringender sollte der gesetzliche Rahmen der Legalität verständlich kommuniziert werden. Interessant wäre, in diesem Zusammenhang der Frage auf die Spur zu kommen: „Wem gehört das Urheberrecht?“

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